Plötzlich ist es ganz einfach! Die Zahl lautet 1062.

Damals.

In der allerersten Nacht habe ich mir vor Angst fast in die Kutte gekackt.

Kurz vorher hatte ich den Freiraumbus beim Händler abgeholt und war nach 3 Stunden Einweisung mit schweißnassen Achselhöhlen vom Hof gefahren.

In dieser ersten Nacht standen er und ich ganz allein auf einem kleinen Wohnmobilstellplatz. Jedes Geräusch ließ mich panisch aufschrecken. Mein Herz hätte jedes EKG-Gerät in den Wahnsinn getrieben. An Schlaf war nicht zu denken in dieser Nacht. Zwischendurch fragte ich mich, wieso ich überhaupt auf die Idee gekommen war, mir ein Wohnmobil zu kaufen…

Heute.

125.000 Kilometer zeigt der Tacho. Zehn Jahre sind ins Land gegangen. Ich erlebte die 700. und die 800. Nacht. Der Freiraumbus fuhr im Linksverkehr durch London. Er mäanderte entlang Norwegischer Fjorde. Die Atlantikküste von Mont Saint Michel in Frankreichs Bretagne bis runter zu Kilometer 0 des Jakobswegs in Spanien konnte er erleben.

In schwierigen Zeiten war er mir Heimat und Rückzugsort. Da stand er mal in Uerdingen am Rhein, als ich meinen Vater pflegte. Einmal verließ ich mitten in der Nacht eine Familienfeier, weil ich so genervt war. Sogar unter einer Brücke habe ich schon in ihm geschlafen…

Er parkte im Schatten einer Kirche nach einer Trauung und in Sichtweite der Elbphilharmonie.

Und dann war da die…

… 1000. Nacht

Mein Logbuch verzeichnet die 1000. Nacht. Nach außen hin verstrich das Jubiläum komplett unspektakulär. In mir drin sah das völlig anders aus.

Mein Herz glitzert voller Klarheit: Ich schreibe noch ein Buch!

Geschichten aus dem Freiraumbus

Es wird Zeit, meine Reisegeschichten zu erzählen. Das schwebt mir schon lange vor. Ich habe so viel erlebt. Bücherweise Reiseskizzen erinnern mich an die wundervollen Orte an denen ich war. Mein Logbuch gibt Hinweise, wo der Freiraumbus wann gestanden hat. Ich weiß das Datum und ob es an dem Übernachtungsplatz Internet gab.

Ich weiß auch schon, wie es gehen soll. Keine große schwierige Struktur und Eindampfungsarbeit, wie bei der Comicbiografie.

Schlicht und wirkungsvoll, wie Perlen auf einer Schnur, reihe ich die Geschichten aneinander. Mein Bus-Logbuch hilft mir bei der Reihenfolge. Ich picke mir die schönsten, erkenntnisreichsten, mutigsten, wärmsten, wildesten, lautesten, leisesten, ärgsten Geschichten raus und erzähle sie einfach.

Was also hält mich zurück?

1001, 1011, 1033

Ich durchfahre weitere Nächte, erlebe Neues, sammle Begegnungen. Die 1000. Nacht gerät fast in Vergessenheit. Was ist die perfekte Zahl, wo mache ich die Zäsur? Was ist denn eine coole Zahl für mein Buch? Mein Kopf übernimmt das Zepter und spricht lauthals: 1111. Mein Herz meckert.

Alles bleibt anders

Dann erlebe ich die 1062 Nacht und da ist dieser Satz, den ich auch schon bei der 1061 Nacht als Überschrift zu meinem Erleben notiert hatte: Alles bleibt anders! So ist das nämlich, wenn ich glaube, ich weiß genau, was mich erwartet und dann kommt eine unvorhergesehene Wendung des Weges. Okay, das drösel ich nun nicht weiter auf. Da musst du auf mein Buch warten.

Alles bleibt anders, das ist ein schöner Schlusssatz. Genau da mache ich den Punkt. Für dieses Buch. Vielleicht schreibe ich ja eine Fortsetzung… Weiterfahren werde ich auf jeden Fall.

Plötzlich ist es ganz einfach

Das Gerüst steht. Meine Schreibmotivation ist da. Die Logbücher des vergangenen Jahrzehnts stapeln sich. Skizzenbücher und Freudetagebücher erinnern mich an besondere Momente. Ich habe eine Idee im Kopf, wie ich kleine Illustrationen unterbringe. Die ersten Geschichten sind notiert. Ich brauche sie nur an die richtige Stelle der Perlenkette einfügen.

Mutiges Ziel

Wahrscheinlich sportlich und völlig absurd. Am 9. April hat der Freiraumbus Geburtstag und wird 10 Jahre alt. Bis dahin…? Ich fang mal an und vertraue dem Schreibflow. Wenn nicht, dann bin ich auch fein.

Hatte ich schon erwähnt, dass ich keinen Verlag habe. Doch wer weiß, vielleicht regelt sich das ja auch noch ganz einfach. Und wenn nicht, dann gibt es ja “Book on demand”.

Schreib mir, was dich interessiert

Du magst mich unterstützen? Dann schreib mir doch in die Kommentare, was dich interessieren würde? Welche Geschichten möchtest du erzählt wissen.


Blognacht

Dieser Blogbeitrag ist in der Blognacht bei Anna Koschinski entstanden. “Plötzlich war es ganz einfach!” ist der heutige Schreibimpuls, dem ich tatsächlich gefolgt bin. Danke, liebe Anna für dieses feine Format. Du bist ja auch diejenige, die sagt, dass die Welt mehr schöne Geschichten braucht. Ich bin dabei!

4 Kommentare

  1. Liebe Angelika,

    “… mit ihm unter einer Brücke geschlafen …”

    Herrlich, dieser Satz. Und aus dem Zusammenhang gerissen eine wunderbare Vorlage für Kopfkino.

    Ich freue mich total auf dein Buch. Und vielleicht hast du ja Lust, mit deinem Bus mal vor meiner Garage zu stehen und mir dein Buch persönlich zu überreichen. Natürlich mit einer Widmung von dir.

    Liebe Grüße

    • Liebe Edith,
      hihi, Kopfkino kann ich. Die Szene mit dem unter der Brücke schlafen ist auf jeden Fall drin im Buch. Und dann habe ich schon geschaut, wo du bist. Mal sehen, welche Wege ich dann auch Lesereisen fahren werde. Ich weiß jedenfalls, wo ich dich finde. Und danke, dass du dich auf mein Buch freust. Welche Ehre.
      Herzensgrüße,
      Angelika

  2. Liebe Angelika, das klingt spannend und es zeigt, dass gewinnt, wer etwas wagt. Du schreibst nun ein Buch über die Erlebnisse, die du unterwegs hattest, die du nie gehabt hättest, wenn du die Hürde der ersten Nacht nicht genommen hättest. Hut ab! Und ich freue mich auf deine Geschichten!

    • Liebe Medea, oh, so wahr. Und ich bin so froh, dass ich losgefahren bin. Allein für diese Erkenntnis lohnt Ich mein Buch schon.
      Danke, dass du dich auf meine Geschichte freust.
      Herzensgrüße. Angelika

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