Auf Wiedersehen, liebe A.

Liebe A.

als wir Kinder waren, sahen wir uns regelmäßig zu Familienfeiern. Da waren die Geburtstagsfeiern mit Schaumküssen und Topfschlagen bei mir zu Hause. Oder die sonntäglichen Kaffeetrinken mit Oma bei euch. Schließlich sind wir Cousinen. Bei dir zu Hause haben wir uns dann manches Mal nach oben ins Dachzimmer verkrümelt. 

Dort stand eine alte, schwarze Schreibmaschine. Erinnerst du dich? So eine mit Anschlagsping und Hebel für den Zeilenwechsel. Ich habe das geliebt auf ihr zu schreiben und geträumt, ich sei eine bekannte Autorin. Vielleicht kommt daher meine Freude am Schreiben? 

Die Kindertage vergingen. Wir wurden groß und gingen uns auf dem Weg verloren. Das war so und damals fanden wir das normal, glaube ich. Wir eilten hinaus in die Berufswelt, lebten Beziehungen und erkundeten neue Orte. Jahrzehnte vergingen.

Letztes Jahr nahmen wir den Faden wieder auf. Da war gerade deine Mama, meine Tante gestorben. Wir schrieben einander Karten und haben gewhatsappt. Zu dem Zeitpunkt hatte dich der Krebs schon lange fest im Griff. 

Wir wollten telefonieren, wenn es dir besser ginge. Gerne hätte ich deine Stimme gehört. Doch daraus wurde leider nichts mehr. Vor ein paar Wochen hast du deinen Durchschlupf auf die andere Seite gefunden. Am Ende ging es dann wohl schnell, erzählte dein Partner. Und dass du ohne Schmerzen gegangen bist.

Heute nun stehe ich in Hamburg, deiner Heimatstadt, an deinem Grab.
Ich winke dir von hier unten zu. Ich habe dir eine Feder mitgebracht. Sie ist verbunden mit der Hoffnung, dass es dir leichter geht, wo auch immer du nun bist.

Bitte grüße deine Mama von mir.
Sehr traurige Grüße
von deiner Cousine Angelika


P. S. Krebs ist ein A…loch.
P.P.S. Danke für die Erinnerung daran, dass das Leben so schnell vorbei sein kann.


Reminder an mich: Das Leben ist jetzt. 

6 Kommentare

  1. Liebe Angelika,

    wie schön, deine Wertschätzung und Liebe für deine Cousine hier zu lesen, wie traurig der Abschied!
    Ich wünsche ihr, dass sie auf der anderen Seite die Leichtigkeit findet, die ihr deine Feder schenkt.
    Bei den WhatsApp-Nachrichten musste ich an meinen Freund Hans denken, dem ich nach seinem Tod manchmal noch SMS geschrieben habe, um meine Gedanken in seine Richtung zu befördern.

    Krebs ist ein A…loch, oh ja!

    Auf die Umarmung des Lebens auf dieser Seite!
    Von Herzen,
    Silke

  2. Danke, liebe Angelika für den Einblick in Deine private Welt.
    Die Erkenntnis, nichts aufzuschieben, der Intuition, dem Ruf zu folgen, ist manchmal schmerzhaft und kommt schon mal zu spät.
    Bei aller Trauer um Versäumtes und über den Verlust glaube ich dennoch, dass Deine Cousine am Ende ihres Lebens Dir genau das zeigen durfte:
    Das Leben ist JETZT.

    Möge es ihr nun federleicht ums Herz sein, wo immer sie auch ist. Ihre Energie bleibt und wird von Zeit zu Zeit mit sanftem Federwisch zu Dir gefächert werden. Erinnerungen, die bleiben.

    Fühle Dich gedrückt,
    Marlis

  3. Ach, du Liebe… Was für ein berührender Abschied, was für eine wunderbare Wertschätzung… Was für ein Cousinenschatz…
    Danke fürs Mitnehmen

    Ja, Krebs ist ein A*, denn das ist seine Aufgabe… Als Gegenpol bekommen wir hier die Gelegenheit, unser Leben dort wo nötig umzugestalten… JETZT mehr unser ICH zu leben.
    Ich nehme diese Herausforderung an und liebe die Kraft, die daraus entsteht…
    …natürlich ist das nur mit gewissem Abstand zum Schmerz möglich und keinesfalls mit einem Fingerschnipp…

    Die Feder finde ich auch für uns hier ein schönes Symbol: Leichtigkeit und Verbindung zwischen den beiden Seiten (eine Feder lässt sich leicht hin- und herpusten).

    Möge auch dir diese Feder Leichtigkeit bescheren und die schönen Erinnerungen den Abschiedsschmerz leichter machen…

    Umärmelung,
    Anja

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