Das kleine Weinen

Das kleine Weinen und ich, wir kennen uns schon lange.

Zwischen Herz und Hals steckt es fest.
Festgeklemmt, so wie der gelbe Stein im Lochstein auf dem Foto.
Das kleine Weinen hockt einfach da und hat keine Tränen.
Es trommelt leise.
Sein zartes Drücken will mir etwas sagen.
Es spricht mir mir und wünscht meine Zuwendung.

Das Maß ist voll!“, sagt das kleine Weinen.

Heute lausche ich ihm.

Früher drückte ich es einfach weg.

Noch schlimmer, ich schob es ungehört in einen fensterlosen Raum.

  • Ich versperrte die Tür.
  • Ich zog den Schlüssel ab.
  • Ich wendete mich ab und ging.

Allein gelassen in der Dunkelheit!

Im finsteren Raum, allein gelassen, mutierte das kleine Weinen zum riesigen Monster. Die Enge des Raumes sprengte es dann mühelos. Die verschlossene Tür bot kein Hindernis mehr.

Furchteinflößend riesig baute es sich dann vor mir auf.

Seine Wut war ungerecht. Maßlos. Hässlich.
Es wollte endlich gesehen werden.
Sein Toben richtete großen Schaden an.

  • Bei mir.
  • Bei anderen.

„Das Maß ist voll!“, brüllte es mich dann von oben herab an.

Heute bin ich schlauer…

Okay, sagen wir mal so. Ich bin ein bisschen schlauer und übe fleißig. Häufiger als früher spitze ich rechtzeitig meine Ohren.

Das Maß ist voll!“,
höre ich das kleine Weinen in meiner Brust murmeln.
„Was soll ich tun?,
frage ich.

Kümmer dich um dich!“, rät mir das kleine Weinen.

Meist rät es mir zur Stille.
Fast immer schlägt es mir Bewegung vor.
Letztens sollte ich Abgrenzung üben und neulich hörte ich das Wort „DISTANZ“.

Danke, kleines Weinen!

Danke für deine Hilfe.
Du bist mir ein wunderbarer Wegbegleiter geworden.

Du erhebst dich von meiner Brust.
Liebevoll blickst du mir in die Augen.
Jetzt sitzen wir Seite an Seite.
Wir genießen den Freiraum, der entstanden ist.


Wie schenkst du deinem kleinen Weinen den nötigen Freiraum?

  • Was tust du, wenn dir ein Weinen die Kehle zuschnürt?
  • Welche Methoden kennst du?

Hinterlasse mir gerne deinen Kommentar, wie du dich um das kleine Weinen kümmerst. Im nachfolgenden PDF kannst du dir einige Ideen für den Notfall zusammenstellen. Du kannst die Datei einfach so herunterladen. Gerne darfst du mich dafür mit deinem Eintrag in meine Newsletterliste erfreuen, wenn du magst.


Kreiere deinen Freiraum und arbeite mit mir:

19 Kommentare

    • Liebe Christine,
      ja, der Schlüssel in solchen Momenten ist, dass ich mich selbst an die erste Stelle rücke und gut zu mir bin. Damit ich mir in solchen Momenten dann nicht verloren gehe, habe ich jetzt meinen Notfallkoffer.
      Danke für dein Kompliment zu meinem Text.
      Angelika

  1. Renate

    Liebe Angelika,
    ja, bis diese Gefühle raus ans Tageslicht kommen dürfen, dauerts.
    Wir waren auf dem Friedhof zum Abschied nehmen … Und plötzlich (unpassend) kam das grosse Schluckzen. Abrupt wurde es unterbrochen (Stupser) und seitdem waren diese Tränen mehrere Jahre nicht mehr ans Tageslicht gekommen. Nun darfs sein …
    Bin froh über dieses Loslassenventil.
    LG Renate

    • Liebe Renate,
      danke, dass du deine Geschichte hier teilst. Wie überaus unangemessen, dass dir jemand auf dem Friedhof den Raum zum Weinen wegnimmt. Gerade auf einer Beerdigung sollte das ja gar kein Thema sein. Und wie überaus schlimm, was aus dem runtergeschluckten Schluchzen dann werden musste. Gut, dass du nun endlich deinen Tränen freien Lauf schenken kannst. Das ist heilsam.
      Fühl dich umarmt.
      Angelika

  2. Das kleine Weinen kam bei mir in letzter Zeit ziemlich häufig – und das Beste was mir passieren konnte war – es einfach DASEIN- und ihm so (wie Du es so wunderbar beschrieben hast, liebe Angelika) zu “lauschen”.
    Für mich war es erst einmal wichtig, dass ich mich mit diesem “Weinzustand” anerkenne und radikal akzeptiere.
    Manches Mal habe ich es sogar mit passender Musik noch verstärkt – da ich gespürt hatte, dass noch mehr “herAUSfliessen” wollte.
    Diese “Seelendusche” hat zu jeder Zeit ihre Berechtigung -und eröffnet nicht nur für mich, sondern oftmals auch für mein Gegenüber, “Frei-Räume” einander authentisch und “gefühls-ECHT” zu begegnen. Ich kann mittlerweile mein Weinen immer mehr wert-schätzen – dies hat sich schon echt schön geWANDELt. Vom Verstecken weg hin zum offensivem Zeigen!

    • Liebe Anke,
      wow, danke für deine Worte. Seelendusche trifft es wirklich gut. Und ja, wenn ich mich traue, mich so zu zeigen, wie ich gerade empfinde, dann eröffne ich meinem Gegenüber mit meiner Ehrlichkeit einen Freiraum. Vielleicht den Freiraum auch endlich zu weinen.
      Das kleine Weinen DASEIN zu lassen. Spüren. Aushalten.
      Und trotzdem möchte ich noch eine Art Notfallliste zusammentragen. Ich kenne das von mir, dann spüre ich mich in der Situation schlecht. Ich brauche dann Ideen, was ich tun kann. Jedenfalls trage ich jetzt gerade diese Ideen zusammen und werde eine seelische Notfallapotheke kreieren. Ich werde berichten.

  3. Guten Morgen, liebe Angelika, heute morgen war ich kurz nach Sonnenaufgang am Bach. Winterschwimmen mit den Füßen. ;-) Jetzt fühle ich mich ruhig und lebendig. Gerne habe ich deinen Newsletter gelesen. Gefühle zeigen sich bei mir gerne in Form von Gedanken. Ich übe dem zu Grunde liegenden Gefühl auf die Spur zu kommen; das hilft sehr ruhig zu werden. Einen lieben Gruß Heike PS: Das kleine Weinen weiß ich als Wegweiser sehr zu schätzen. Neulich habe ich gehört: In Japan gibt es jetzt Weinen-Seminare! Da bezahlen Leute Geld für das kleine Weinen. Ist doch cool, dass wir das kleine Weinen ganz alleine können. :-)

  4. Ich glaube ja, da hilft nur radikale Ehrlichkeit. Das, was da raus will, steckt ja nur deswegen fest, weil wir keine Worte dafür haben – daher ist es sehr cool, dass du jetzt nachfragst, was dahintersteckt. Und wenn du das weißt, dann liegt auch die Heilung nah bzw. du weißt, welche Medizin die richtige ist.

    • Liebe Anna,
      ja, radikale Ehrlichkeit ist sicher eine gute Vorgehensweise. Trotzdem finde ich es wichtig so eine Art Notfallkoffer zu haben. So habe ich dann gleich ein paar Hilfsmittel zur Hand, wenn das kleine Weinen kommt und ich es grottenehrlich entlarft habe.

  5. Liebe Angelika,
    ich bin dankbar und tief berührt,…
    das Finden eines solchen Steines, das Betrachten, das Hineinspüren, das Erkennen, das Verbinden und dann in so wundervolle Worte bringen, die etwas beschreiben, was mir erst beim Lesen wirklich bewusst geworden ist.
    Ja, ich kenne es auch, das kleine Weinen.
    Danke, dass du es mir gezeigt hast.
    Bitte schreib weiter… so lange darf ich dich schon begleiten und immer wieder zeigst du mir, was möglich sein kann… Durch deine Worte kann ich MICH IN MIR erkennen.
    Stille und mein Atem helfen mir beim kleinen Weinen mehr und mehr.
    In tiefer Verbundenheit
    deine Annett

    • Liebe Annett,
      danke für deine Worte, die nun mich sehr berühren. Ich lerne gerade über mich und mein Schreiben, wie wichtig es ist, mich im Herzen mit ihm zu verbinden. Sozusagen eine neue Ebene der schreibenden Ehrlichkeit zu erlangen. Und beim Drübernachdenken über mein kleines Weinen und wie ich das illustrieren mag, da schob sich mir dieser Stein vor die Füße.
      Danke für deine Verbundenheit, die ich intensiv spüre. Schön, dass es dich in meinem Leben gibt.
      Herzensgrüße zu dir.
      Angelika

  6. Liebe Angelika,

    Jetzt hat es einen Namen – dank dir! Das kleine Weinen. Wunderbar beschreibst du, was geschieht, wenn wir nicht hinschauen. In meine Notfallapotheke gehört: Zeit für mich, Meditieren, ein ausgedehnter Walk mit meinem Hund, gerne auch Yoga und Schreiben…
    Liebe Grüsse, Heike

    • Liebe Heike, wie schön, dass dir das kleine Weinen nun einen Namen gegeben hat für das komische, drückende Gefühl in der Brust. Danke für deine Beiträge zur Notfall-Apotheke.
      Herzensgrüße.
      Angelika

  7. Liebe Angelika,

    mir gefällt das kleine Weinen so gut und es ist so liebevoll gesehen von Dir und Eure Beziehung berührt mich sehr. Ich mag Deine Art der Poesie und wie Du sie in die Welt trägst … und sie Dich!

    Herzensgruß von Gudrun

  8. Das kleine Weinen kenne ich gut, liebe Angelika! Sehr berührend und poetisch, dein Artikel. Danach war ich lange auf deiner Seite unterwegs.

    Schön, dich lesend zu erleben.

    Liebe Grüße, Silke

    • Liebe Silke,
      hach, danke, dass du mein Schreiben berührend und poetisch findest. Genau das liegt mir sehr am Herzen, meine poetisch-philosophisch-spirituelle Seite mehr zu zeigen. Danke, dass du auf meinem Blog gleich noch weitergelesen hast.
      Herzensgrüße,
      Angelika

      • Huhu liebe Angelika,

        lieben Dank fürs Teilen deiner Gedanken, da hast du schöne Worte gefunden!
        Wie war das noch? Gefühle wollen gefühlt werden ❤️ Sonst werden sie, wie du so schön beschrieben hast, zum Gefühlsmonster…

        Mein Beitrag für die “Notfall-Apotheke”:
        – Hineinspüren: Zeit für mich, Ruhe und in die Frage gehen “Was ist eigentlich los?” Dieses kleine Weinen ist ja meist Ausdruck von etwas (Angst, Trauer, Wut, Einsamkeit,…), das Wahrnehmen und Akzeptieren von dem, was ist, hilft mir meist (naja, also hintenraus zumindest ;0)
        – Umarmung abholen: Einfach mal feste gedrückt und (aus-)gehalten werden kann sooo gut tun, da braucht es keine Worte
        – Reden: Manchmal komme ich selbst nicht dahinter, was “das” nun gerade ist – ein Mensch, der mich gut kennt, hilft mir da häufig gut auf die Sprünge (und wenn nicht, tut es mir gut, gehört zu werden)
        – Glotzen: In die Luft, ins Nix und bestenfalls aufs Meer => hilft immer!

        Möge immer Zeit (und Meer) da sein zum Sortieren!

        Herzlich,
        Anja

      • Liebe Anja,
        sooo wahr: Gefühle wollen gefühlt werden. Ich danke dir sehr für deine Worte und die wundervollen Beispiele für die Notfall-Apotheke. Die kommen in meine Sammlung. Bei mir gehört Bewegung am Meer auf jeden Fall auch dazu. Und die Umarmung.
        Herzensgrüße,
        Angelika

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